âŠund das Fachpersonal auf einer Palliativstation wirklich alles in ihrer Macht stehende tut, um dem Patienten Linderung zu verschaffen, dann ist das besonders fĂŒr den Patienten und seine Angehörigen eine kaum aushaltbare Situation. -(
So auch heute auf der Palliativstation der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden, wo es Fr. H. vom AZ (Allgemeinzustand) her von Minute zu Minute schlechter ging und ihre Unruhe scheinbar ins Unendliche stieg.
“Wir haben ihr schmerzlinderende und sedierend wirkende Medikamente gegeben und sie in eine “A-Lage” positioniert, damit sie so besser atmen kann” sagte mir mein Kollege heute morgen und an seinem Blick konnte ich sehen, wie gerne er Fr. H. mehr geholfen hĂ€tte.
Doch statt zur Ruhe zu kommen, bewegte sich Fr. H. immer mehr in ihrem Bett und dann, dann begann sie laut zu rufen.
Es hörte sich nach einem Namen an, doch egal, wie sehr wir uns auch alle bemĂŒht haben, das gesprochene zu verstehen, es gelang uns einfach nicht.đ
“Haben sie Schmerzen” wollte mein Kollege von ihr wissen, doch Fr. H. antwortete nicht.
“WeiĂ denn jemand, ob sie Hunde mag”? fragte ich alle anwesenden Kollegen/innen im Stationszimmer, doch da Fr. H. erst gestern aufgenommen wurde, konnte mir das leider niemand beantworten.
“Kann ich Ihnen weiterhelfen”, wollte ich von einem Besucher wissen, der auf einmal im Stationsflur stand und sichtlich belastet wirkte.
“Ich möchte meine Fruau besuchen” und erst da begriff ich – ich begrĂŒĂte gerade Hr. H. und stellte mich als “Hundetherapeutin” vor.
“Oh, meine Frau liebt Hunde ĂŒber alles” sagte er im Flur und ein klienes LĂ€cheln huschte ĂŒber sein Gesicht.
Dann ging die TĂŒre von ihrem Zimmer auf und die ChefĂ€rztin sowie mein Kollege kamen raus und auch sie begrĂŒĂten Hr. H. und hieĂen ihn willkommen.
Dann folgte ein ArztgesprĂ€ch, indem Hr. H. erfuhr, wie es seiner geliebten Frau ging und nach dem GesprĂ€ch wirkte Hr. H. noch trauriger und konnte seine TrĂ€nen nicht mehr zurĂŒckhalten.
“Wie ist das denn möglich” wollte er von mir wissen und erzĂ€hlze mir, “dass seine Frau noch vor ein paar Wochen völlig selbststĂ€ndig war und er gestern noch lange mit ihr telefonierte”.
So ein GesprĂ€ch zu fĂŒhren ist nie leicht und durch Corona leider zusĂ€tzlich massiv erschwert, denn durch die Pandemie fĂ€llt leider eines der wichtigsten “Hilfsmittel” fĂŒr uns weg – das Umarmen, was fĂŒr den Angehörigen in so einer dramatischen Situation sicherlich sehr hilfreich sein könnte.
“Gehen sie ruhig in das Zimmer ihrer Frau, ich hole nur Sissi und komme dann mit ihr nach” sagte ich zu ihm und sah, wie Hr. H. vor der TĂŒre nochmals tief einatmete, so als ob er sich damit selber Mut einatmen wollte.
“Darf ich mit Sissi reinkommen”? wollte ich von Hr. H. wissen, als ich an der TĂŒre klopfte, doch Hr. H. konnte in diesem Moment nur nicken, zu groĂ war sein Schmerz ĂŒber den rapid schlechteren und dramatischen Verlauf seiner Frau in den letzten 24 Stunden. đ .
“Sie ist genauso unruhig, wie in den letzten NĂ€chte bei uns zu Hause” sagte Hr. H. auf einmal und durchbrach somit das Schweigen.
“Vielleicht kann Sissi sie ein wenig beruhigen” sagte ich und schaute nur in fragende Augen.
“Wie soll das denn gehen” wollte Hr. H. von mir wissen und ich erklĂ€rte ihm, dass Sissi quasi im Hospiz “ihre Lehre” gemacht hat und daher das Anforderungsprofil im palliativen Bereich zur genĂŒge kennt.
“Wenn sie meinen, dann versuchen sie es gerne” sagte er und ich ergriff die Chance, um Fr. H. evtl. ein wenig Linderung zu verschaffen.
Ich legte ein Laken auf ihr Bett und sagte zu Sissi “Hopp”.
Und dann, dann legte ich die Hand von Fr. H. auf Sissis Fell und sie begann sofort, Sissi zu streicheln und von Minute zu Minute wurde Fr. H. zunehmend ruhiger und ruhiger, bis sie letztendlich entspannt wirkend mit Sissi im Arm einschlief. â€
“Das ist ja unglaublich, wie ruhig sie geworden ist”, sagte Hr. H., immer noch sichtlich gerĂŒhrt und hĂ€tte Sissi am liebsten dafĂŒr umramt. Stattdessen setzte er sich zu seiner Frau und an Sissis Seite und war einfach nur da, um seine geliebte Frau auf ihrer letzten Reise zu begleiten<3
Eine wĂŒrdevolle Sterbebegleitung durchzufĂŒhren und dabei niemals die Angehörigen aus dem Blick zu verlieren, ist auch fĂŒr uns als Fachpflegepersonal eine wahre Herausforderung, die ein hohes MaĂ an Wissen, Empathie und eigener Ruhe erfordern.
Doch fĂŒr einen Hund, selbst fĂŒr einen erfahrenen Therapiehund ist dies eine der “Königsdisziplinen”.
Gerade in so einer Situation benötigt der Therapiehund so viel Liebe und Vertrauen von seinem Besitzer, damit er diese so untypisch hĂŒndische Aufgabe ĂŒberhaupt meistern kann.
Denn nur mit diesem unabdingbaren Fundament an Vertrauen kann ein Therapiehund “ĂŒber sich hinaus wachsen” und einem sterbenden Menschen etwas schenken, was mit keinem Geld der Welt zu bezahlen ist – Ruhe, Trost und Entspannung in einer der schwersten Zeiten ĂŒberhaupt.
Sissi hat heute auf der Palliativstation der HSK groĂartiges geleistet und wurde danach von all ihren zweibeinigen Kollegen/innen mit einer riesengroĂen Portion Streicheleinheiten belohnt und von mir mit einem langen und abwechslungsreichen Spaziergangnach unserem Einsatz.â€
Sissi und Helga sind auf der Palliativstation ist so viel mehr, als nur Hunde, die vorbei kommen, um gestreichelt zu werden.
Sie sind Wegbegleiter, Trostspender und vermitteln WÀrme und Ruhe und sind in all den Jahren zu geschÀtzten Kolleginnen auf vier Pfoten auf dieser Palliativstation geworden.
Und manchmal, ja manchmal können sie sogar das Versterben eines Patienten etwas erleichternâŠâ€